Tja, irgendwie schon komisch, dass heute mein letzter Arbeitstag ist. Irgendwie komm‘ ich immer noch nicht ganz drauf klar. Es fühlt sich jetzt schon so an, als wäre mein Japanaufenthalt fast schon vorbei, obwohl ich ja noch über einen Monat hier bin. Während des Frühstückes und der Hinfahrt zur Arbeit hab ich fleißig meine Rede geübt, damit ich auch ja nicht verkacke, was ich mir bei meiner Nervosität sehr gut vorstellen kann. In der Firma angekommen haben wir dann am üblichen Platz auf die morgentliche Versammlung gewartet. In den letzten Tagen hatten ja die borabita immer eine eigene Versammlung, was meiner Aufregung zu gute kam, denn so waren nur die Hälfte der Leute da und die kannte ich auch alle eigentlich ziemlich gut. Aber es wäre ja zu schön gewesen… denn kurz bevor die Versammlung gestartet hat, wurden wir in den Haputraum geholt, weil heute doch alle zusammen das Morgenmeeting machen, ja geil, also musste ich doch vor komplett allen reden und heute waren wirklich alle da. Normalerweise sind ja nicht immer alle bei dem Meeting anwesend aber heute mussten natürlich drei mal so viele Leute wie sonst da sein. R.I.P. me. Meine Aufregung ist deshalb ganz schön hochgekocht und ich hab erstmal alles meiner Rede vergessen. Zum Glück war ich nicht gleich am Anfang dran, weshalb ich noch ungefähr 10 Minuten Zeit hatte, meine Nerven wieder zusammenzusuchen. Von der Versammlung hab ich deshalb auch absolut nichts mitbekommen, bis dann meine Zeit kam. ES wurde erwähnt, dass ja heute mein letzter Tag wäre und dann haben mich alle erwartungsvoll angeguckt. Das schwierigste für mich war dann, die ersten paar Wörter rauszubekommen, aber nachdem ich das geschafft hatte, bin ich tatsächlich relativ flüssig durch die Sätze gekommen. Wenn es interessiert, hier, das habe ich gesagt (Ich benutzt hier nur ein paar Kanjis und hauptsächlich Hiragana, d.h. normalerweise wird’s ein bisschen anders geschrieben):
私はここに一ヶ月かんいました。しごとはよくたのしかったです。みなさまはめっちゃしんせつでしたです。日本人の考え方はとてもおもしろいですから。さいきん私はたくさんべんきょうをしました。ありがとうございました。(Watashi wa koko ni ikkagetsukan imashita. Shigoto wa yoku tanoshikata desu. Minasama wa meccha shinsetsudeshita desu. Nihonjin no kangaekata wa totemo omoshiroi desukara. Saikin watashi wa takusan benkyo wo shimashita. Arigatougozaimashita.)
Übersetzung: Ich war hier einen Monat lang. Die Arbeit hat oft Spaß gemacht. Alle waren wirklich freundlich. Weil die Denkweise der Japaner sehr interessant ist, habe ich in letzter Zeit viel gelernt. Vielen Dank dafür.
Nachdem ich meine Fünf-Satz-Rede beendet hatten waren erstmal alle erstaunt (ich auch, weil ich’s nahezu fehlerfrei hinbekommen habe). Wahrscheinlich weil die meisten mich hier noch nie wirklich Japanisch haben reden hören. Alle meinten dann, dass das voll gut war und ich hab erstmal ne Runde Applaus bekommen. Damit war ich dann aber auch schon durch und nicht mehr brauchbar für den Tag. Dementsprechend habe ich dann auch den Motivationsspruch ein bisschen verhauen (es wird immer am Ende des Morgenmeetins ausgesucht, der so was kurzes zur Motivation sagt, was dann alle elanvoll wiederholen). Jedenfalls war ich somit schon am Anfang des Tages einmal nervositätsdurchgewitzt, perfekter Start. Es ging dann wie die ganzen letzten Tage auch für uns erstmal zum Verpacken. Allerdings war ich nach ca. 10 Kisten von jeder Gewichtsklasse (10kg, 7kg, 5kg) natsubuntan mit den buntan endlich durch und wir haben mit konatsu in 3kg Kisten weitergemacht. Die haben sich deutlich leichter sortiert, vor allem, weil wir da auch nur eine größe hatten. Lediglich waren die Kisten kleiner, weshalb man mehr runtergebeugt stehen musste, was natürlich nicht so geil war.

Geil war allerdings, dass wir in der Mittagspause von irgendjemanden Eis spendiert bekommen hatten, was natürlich freudig angenomen wurde. Dabei war es heute nicht mal soo heiß. Nach der Mittagspause wollten Anni und ich wieder zum Kisten packen gehen, wurden aber davon abgehalten und stattdessen zum senbetsu geschickt. Na super, also durften wir heute schon früher wieder sortieren und da hatten weder Anni noch ich Lust drauf. Wenigstens konnten wir zusammenarbeiten, so dass ich mich dann damit beschäftigte, Anni ein Ohr abzukauen. Sie hat natürlich auch was gesagt, aber Gesprächsführer war eindeutig ich. Anni hat mir dann auch bewusst gemacht, dass das nicht nur mein letzter Arbeitstag hier war, sondern generell in Japan… find ich irgendwie schon krass. Das macht mir das Ende irgendwie nur noch mehr bewusst. Aber ich freu mich irgendwie schon darauf, wieder nach Deutschland zu kommen, obwohl es natürlich auch schade ist, hier wieder weg zu gehen. Trotz spannender Gespräche zog sich die Zeit einfach so zähflüssig hin und Annis und meine Motivation schwand einfach immer weiter. Irgendwann sind wir dann zum singen übergegangen und haben alle anderen mit unseren Gesangskünsten und nicht vorhandenen Textmerkskills unterhalten. Keine Ahnung ob sie von und angenervt waren oder nicht. Gegen Ende haben wir auch dass wieder fallen gelassen und sind zu komplett sinnlosen Gesprächen und Zungenbrecher gewechselt. Wobei sich unsere beiden Gehirne eher wie Matsche angefühlt haben, weshalb weder Niveau noch Arbeitsmoral vorhanden war und wir uns eher einen abgelacht haben. Hat sich aber niemand von den anderen beschwert… von daher. Nach gefühlt einer Ewigkeit war dann der Tag auch zu Ende und wir durften nach Hause gehen. Das war irgendwie auch komisch…der ganze Tag lang hat sich gezogen wie zähflüssiger Brei, aber als er dann vorbei war, kam das Ende irgendwie zu schnell. Denn jetzt war es vorbei, nie wieder arbeiten hier. Und von diesen seltsamen unwirklichen Gefühl begleitet, haben wir dann fast schon unbemerkt die Firma verlassen und sind nach Hause gefahren. Der Abend lief dann auch ab wieder jeder andere, nur konnte ich abends meine Wecker für morgen früh ausstellen, da ich ja im Gegensatz zu allen anderen morgen nicht früh aufstehen musste. Morgen hatte ich mir noch mal einen Tag freigenommen, um in Ruhe alles sauber machen zu können sowie meine Koffer zu packen. Tja und dann bin ich irgendwann immer noch mit diesem seltsamen Gefühl ins Bett gegangen.